Das Ende des Siliziumzeitalters
Neue, energiesparende Materialien sollen Silizium ersetzen und damit den zukünftigen Fortschritt der Mikroelektronik unterstützen. Denn nach 50 Jahren stößt nicht nur Moore's Law an seine Grenzen, auch verbraucht unser digitales Ökosystem mehr und mehr elektrische Energie. Dieser Meinung ist zumindest Nicola Spaldin, Professorin für Materialtheorie an der ETH Zürich.
Neue, energiesparende Materialien sollen Silizium ersetzen und damit den zukünftigen Fortschritt der Mikroelektronik unterstützen. Denn nicht nur, das nach 50 Jahren Moore's Law an seine Grenzen zu scheinen stößt, auch verbraucht unser digitales Ökosystem mehr und mehr elektrische Energie. Dieser Meinung ist zumindest Nicola Spaldin, Professorin für Materialtheorie an der ETH Zürich.
Spaldin führt Grundlagenforschung über (neue) Materialien durch und entwickelte eine neue Klasse kristalliner Verbindungen, die so genannten Multiferroika. Diese Materialien besitzen sowohl ferroelektrische als auch ferromagnetische Eigenschaften. In der Natur gibt es zwar Stoffe, die die eine oder andere Eigenschaft aufweisen, eine Kombination davon kommt aber nicht vor. Spaldin war aber überzeugt, dass es kein Naturgesetz gibt, das gegen die Existenz solcher Stoffe spricht und entwickelte mit ihrem Team neue Multiferroika. Mittlerweile werden viele Untersuchungen über das Thema durchgeführt, Spaldin gilt jedoch als Begründerin dieses Forschungsgebiets.
„Wir leben nun im Silizium-Zeitalter, in dem Siliziumtransistoren die Grundlage der Mikroelektronik bilden, die unsere moderne Art zu leben erst möglich macht“, schreibt Spaldin. „Seit den ersten Transistoren in den 1940er und 1950er Jahren haben sich die Eigenschaften von Silizium enorm verbessert. Nur so war die Transformation von riesenhaften Mainframe-Computern zu kleinen und leistungsfähigen Smartphones überhaupt möglich. Doch alles basiert auf dem gleichen Material: Silizium.“
Gleichzeitig schluckt die sich ausweitende IT-Infrastruktur immer mehr Strom, unter anderem durch das neue Internet of Things und die Tatsache, dass ein immer größerer Teil der Weltbevölkerung Zugang zum Internet erhält. Wenn sich diese Entwicklungen fortsetzen und die IT-Gerätschaft nicht energieeffizienter wird, dürfte es in einigen Jahrzehnten nicht mehr gelingen, die nötige elektrische Energie dafür zu erzeugen.
So war es auch bei Spaldin der Fall. Als sie mit ihren Kollegen das neue Material erst einmal geschaffen hatte, schien dieses unerwartete Eigenschaften aufzuweisen. Spaldin: „Es zeigte sich, dass wir die magnetischen Eigenschaften eines Materials mit elektrischen Feldern verändern konnten. Das ist zunächst aus wissenschaftlicher Sicht sehr interessant, denn meist ist ein Magnetfeld erforderlich, um die magnetischen Eigenschaften zu verändern, aber es hat auch weitestgehende technische Implikationen. Wenn in aktuellen, auf Magnetismus basierenden Technologien die magnetischen Felder durch elektrische ersetzt werden könnten, so bietet dies tolle Möglichkeiten der Energieersparnis, Miniaturisierung und Effizienz.“
Im ausgehenden Siliziumzeitalter wird es deshalb Zeit für ein neues Material. Vielleicht sind dies multiferroide Materialien, vielleicht ist es etwas anderes, sagt Spalin. Aber auf alle Fälle ist eine Finanzierung der Grundlagenforschung unabdingbar, um uns den Weg in ein neues Zeitalter zu eröffnen.
Nicola Spaldins Artikel Fundamental Materials Research and the Course of Human Civilization ist frei verfügbar auf arxiv.org.
Bild: Banksy-Straßenkunst. Foto aufgenommen von: Salvatore Vastano. CC BY-ND 2.0 Lizenz.
Über: Technology Review
Spaldin führt Grundlagenforschung über (neue) Materialien durch und entwickelte eine neue Klasse kristalliner Verbindungen, die so genannten Multiferroika. Diese Materialien besitzen sowohl ferroelektrische als auch ferromagnetische Eigenschaften. In der Natur gibt es zwar Stoffe, die die eine oder andere Eigenschaft aufweisen, eine Kombination davon kommt aber nicht vor. Spaldin war aber überzeugt, dass es kein Naturgesetz gibt, das gegen die Existenz solcher Stoffe spricht und entwickelte mit ihrem Team neue Multiferroika. Mittlerweile werden viele Untersuchungen über das Thema durchgeführt, Spaldin gilt jedoch als Begründerin dieses Forschungsgebiets.
Das Siliziumzeitalter
In einer aktuellen, glänzend geschriebenen Arbeit legt Spaldin kurz dar, wie die Anwendung neuer Materialien die Entwicklungsrichtung der menschlichen Zivilisation beeinflussen kann, so stark sogar, dass wir danach unsere Geschichte benennen. In der Bronzezeit beispielsweise mündete die neu erworbene Kenntnis der Metallbearbeitung in Stadtgründungen, beeinflusste Handel und Handwerk massiv.„Wir leben nun im Silizium-Zeitalter, in dem Siliziumtransistoren die Grundlage der Mikroelektronik bilden, die unsere moderne Art zu leben erst möglich macht“, schreibt Spaldin. „Seit den ersten Transistoren in den 1940er und 1950er Jahren haben sich die Eigenschaften von Silizium enorm verbessert. Nur so war die Transformation von riesenhaften Mainframe-Computern zu kleinen und leistungsfähigen Smartphones überhaupt möglich. Doch alles basiert auf dem gleichen Material: Silizium.“
Vielfraß
Diesen enormen Fortschritt hat Gordon Moore 1965 in seinem berühmten Gesetz beschrieben: Die Anzahl der Transistoren einer integrierten Schaltung verdoppelt sich innerhalb von zwei Jahren. „Doch die Silizium-Revolution dürfte in absehbarer Zeit enden, weil wir an die fundamentalen physikalischen Grenzen stoßen“, meint Spaldin. „Grenzen, die von der Größe der einzelnen Atome gesetzt werden, die das Silizium-Material bilden.“Gleichzeitig schluckt die sich ausweitende IT-Infrastruktur immer mehr Strom, unter anderem durch das neue Internet of Things und die Tatsache, dass ein immer größerer Teil der Weltbevölkerung Zugang zum Internet erhält. Wenn sich diese Entwicklungen fortsetzen und die IT-Gerätschaft nicht energieeffizienter wird, dürfte es in einigen Jahrzehnten nicht mehr gelingen, die nötige elektrische Energie dafür zu erzeugen.
Radikale Veränderungen
Um das exponentielle Wachstum, das wir von der Mikroelektronik gewöhnt sind, beizubehalten, sind neue Materialien erforderlich, um energieeffizientere Geräte zu entwickeln. Und dafür ist Grundlagenforschung unabdingbar, sagt Spaldin. Angewandte Wissenschaft liefert zwar schnellere und besser messbare Resultate, aber Grundlagenforschung kann ganz neuen Möglichkeiten Tür und Tor öffnen.So war es auch bei Spaldin der Fall. Als sie mit ihren Kollegen das neue Material erst einmal geschaffen hatte, schien dieses unerwartete Eigenschaften aufzuweisen. Spaldin: „Es zeigte sich, dass wir die magnetischen Eigenschaften eines Materials mit elektrischen Feldern verändern konnten. Das ist zunächst aus wissenschaftlicher Sicht sehr interessant, denn meist ist ein Magnetfeld erforderlich, um die magnetischen Eigenschaften zu verändern, aber es hat auch weitestgehende technische Implikationen. Wenn in aktuellen, auf Magnetismus basierenden Technologien die magnetischen Felder durch elektrische ersetzt werden könnten, so bietet dies tolle Möglichkeiten der Energieersparnis, Miniaturisierung und Effizienz.“
Im ausgehenden Siliziumzeitalter wird es deshalb Zeit für ein neues Material. Vielleicht sind dies multiferroide Materialien, vielleicht ist es etwas anderes, sagt Spalin. Aber auf alle Fälle ist eine Finanzierung der Grundlagenforschung unabdingbar, um uns den Weg in ein neues Zeitalter zu eröffnen.
Nicola Spaldins Artikel Fundamental Materials Research and the Course of Human Civilization ist frei verfügbar auf arxiv.org.
Bild: Banksy-Straßenkunst. Foto aufgenommen von: Salvatore Vastano. CC BY-ND 2.0 Lizenz.
Über: Technology Review