Wenn Sie Ihr nächstes IoT-Projekt in Angriff nehmen, lohnt es sich, einen Blick auf das zellulare LPWAN-Angebot zu werfen. Während LoRaWAN auf dem Papier energiesparend zu sein scheint, haben Forscher bei realen Einsätzen starke Schwankungen in der Batterielebensdauer festgestellt. LTE-M und NB-IoT sind beide durchaus wettbewerbsfähig, wenn es um das Energiebudget geht, und bieten darüber hinaus eine Reihe weiterer Vorteile. Aber wie alle guten Dinge haben auch sie ihre eigenen Herausforderungen zu bewältigen.

Die Fähigkeit von Mobilfunknetzen, weltweiten Zugang zu Konnektivität zu bieten, wurde mir in den frühen 2000er Jahren klar. Ich genoss es, während einer Geschäftsreise durch die Schweizer Alpen einmal Passagier zu sein, als ein Kollege anrief und um eine Präsentation für ein Kundenmeeting bat. Mit meinem zuverlässigen Ericsson T68i auf dem Armaturenbrett, einem frühen Bluetooth-fähigen Mobiltelefon und dem Laptop zwischen den Knien machte ich mich daran, die Datei mit den blitzschnellen 115◦kbps von GPRS zu versenden. Zugegeben, es brauchte mehrere Versuche, weil die Verbindung in den Tunneln abbrach, doch die prinzipielle Möglichkeit, mitten im Nirgendwo (die Schweizer mögen mir verzeihen) mit der Welt verbunden zu sein, zeigte mir, dass das Zeitalter der grenzenlosen drahtlosen Konnektivität angebrochen war.

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Ein erster Schimmer des IoT

Dank Bluetooth konnte ich auf das Telefon auch über ein Terminalfenster zugreifen, wie bei den alten kabelgebundenen Modems, die durch die DSL-Technologie ersetzt worden waren. Das bedeutete, dass ein Bluetooth-fähiger Mikrocontroller und eine Software, die mit AT-Befehlen umgehen konnte, alles waren, was man brauchte, um sich mit der Welt zu verbinden. Wir waren schon dabei, das Internet der Dinge (IoT) zu implementieren, wir wussten es damals nur noch nicht. Jetzt, 20◦Jahre später, ist das IoT etabliert, und wir haben noch bessere Mobilfunknetze. Aber wir würden uns wahrscheinlich schwer tun, ein Produkt oder eine Anwendung zu nennen, bei der es sich nicht um ein Smartphone oder ein Tablet handelt, das eine Mobilfunkverbindung für die Datenübertragung nutzt.

Eine der Herausforderungen in Bezug auf die Akzeptanz könnte die Verwirrung sein, die das gesamte IoT-Ökosystem mit seiner Nomenklatur stiftet, so dass es schwierig ist zu wissen, was man wählen soll und warum. Auf der obersten Ebene sind wir an den Übergang von 4G zu 5G gewöhnt, aber diese Marketingbegriffe sind für Verbraucher und Unternehmen nur für Smartphone- und Hochgeschwindigkeitsdatenverbindungen relevant. Für Anwendungen mit niedrigeren Datenraten, wie sie in der Maschinenkommunikation verwendet werden, gilt es separate Standards zu berücksichtigen.

Zellulares IoT mit höherer Datenrate

Der erste ist LTE-M, was für Long-Term Evolution Machine Type Communication steht. LTE-M verzweigt sich in zwei aktuelle Standards, LTE Cat◦M1 und LTE Cat◦M2. Das 3rd-Generation Partnership Project (3GPP) definiert diese Standards, wobei neue Funktionen in „Releases“ ratifiziert werden. So war LTE Cat◦M1 Teil von Release◦13 im Jahr◦2015 und LTE Cat◦M2 Teil von Release◦14 im Jahr◦2017. Cat◦M1 bietet 1◦Mbit/s Uplink und Downlink, während Cat◦M2 etwa 7◦Mbit/s Uplink und 4◦Mbit/s Downlink bietet. Beide unterstützen Voll- und Halbduplex (Bild 1). Zum Vergleich: 5G-Smartphone-Netzwerke bieten durchschnittlich etwa 100◦Mbit/s 5G 

Bild 1. LTE-M bietet mobiles IoT mit höheren Datenraten und VoLTE, während NB-IoT auf statische Anwendungen abzielt.

Der Vorteil einer niedrigeren Datenrate liegt teilweise im geringeren Energiebedarf der LTE-M-Hardware. Gemäß der 3GPP-Spezifikation wurde eine Betriebsdauer von zehn Jahren mit einer 5-Wh-Batterie angestrebt. Auch wenn diese Lebensdauer erreichbar ist, stellt Google-Ingenieur Brian Ray, fest, dass das Erreichen einer Sendeleistung von 23◦dBm während eines Uplinks, der höchsten unterstützten Stufe, zu Spitzenströmen von etwa 500◦mA führt. Dies stellt eine nicht unbedeutende Herausforderung für die Entwicklung dar.

Die Abdeckung ist dank eines höheren maximalen Kopplungsverlusts (Maximum Coupling Loss, MCL) ebenfalls besser als bei Standard-LTE. Dieser Wert definiert den Punkt, an dem ein drahtloses System seine Fähigkeit verliert, seinen Dienst zu erbringen. In einer Studie von Sierra Wireless wurde ein MCL von bis zu 164◦dB für LTE Cat◦M1 ermittelt, was eine erhebliche Verbesserung gegenüber den 142◦dB von herkömmlichem LTE darstellt und auch deutlich besser ist als das von 3GPP selbst gesetzte Ziel von 155,7◦dB. In Bezug auf die Leistungsfähigkeit bedeutet dies eine bessere Konnektivität innerhalb von Gebäuden, was für intelligente Messanwendungen wichtig ist, bei denen das Gebäude einen Durchdringungsverlust von 50◦dB verursachen kann, sowie natürlich auch eine bessere Reichweite im Freien.

Wie Smartphones unterstützt LTE-M auch mobile Daten, das heißt, Ihr Gerät verbindet sich ständig mit dem nächstgelegenen Mobilfunkmast, was es ideal für Sensoren macht, die zum Beispiel den Weg verderblicher Waren überwachen oder Fahrzeugflotten verfolgen. Außerdem ist Voice-over-LTE (VoLTE) enthalten, was nützlich ist, wenn Sie gelegentlich Sprache als Teil des Systems benötigen, zum Beispiel in einer Brandmeldezentrale oder einem Überwachungssystem für ältere Menschen. Und schließlich könnte LTE-M mit einer Latenzzeit von unter 15◦ms eine Anwendung unterstützen, die unmittelbar auf Menschen zu reagieren scheint.

Zellularfunk für statische IoT-Knoten

Die alternative IoT-Technologie für Mobilfunk ist NB-IoT. Auch diese Technologie gibt es in zwei Varianten. LTE Cat◦NB1 wurde in Release◦13 formalisiert, während LTE Cat◦NB2 seit Release◦14 verfügbar ist. NB-IoT zielt auf Anwendungen ab, die sich nicht bewegen, zum Beispiel intelligente Zähler und Sensoren in der Landwirtschaft, Wetterstationen oder in Wasseraufbereitungsanlagen. Eine Übergabe von Sendemasten und VoLTE wird nicht unterstützt (Bild◦2). Stattdessen kommt es nur zu einer Stromverbrauchsspitze, wenn sich das Gerät beim nächstgelegenen Sendemast anmeldet, danach kann das Funkmodul in einen Ruhemodus übergehen und weiß, dass es nach dem Aufwachen dort weitermachen kann, wo es aufgehört hat.

Bild 2. Mobile Anwendungen wie die gemeinsame Nutzung von E-Scootern sind mit LTE-M besser bedient.
Eine statische Anwendung, zum Beispiel eine Wetterstation, profitiert von dem geringeren Energiebedarf von NB-IoT. (Quelle: Shutterstock)

Die Datenraten von NB-IoT sind viel niedriger als die von LTE-M. LTE Cat◦NB1 erreicht 26◦kbit/s im Downlink und bis zu 66◦kbit/s im Uplink, während LTE Cat◦NB2 127◦kbit/s im Downlink und etwa 160◦kbit/s im Uplink bietet. Im Gegensatz zu LTE-M unterstützt NB-IoT nur den Halbduplex-Modus. Auch die Latenzzeit ist viel höher: in der Regel werden 1,6◦s bis 10◦s angegeben. In Anbetracht der beabsichtigten Anwendungen dürfte es jedoch kein Problem sein, nach dem Empfang einiger Sensordaten mit einer neuen Antriebseinstellung für ein Gewächshausfenster oder eine Wasseraufbereitungsschleuse zu reagieren. Es ist auch anzumerken, dass dies eine viel bessere Latenzzeit ist als bei konkurrierenden Technologien des Low-Power-Wide-Area-Networking (LPWAN) wie LoRaWAN und Sigfox.

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IoT mit geringer Stromaufnahme über Mobilfunk erreichen

Die Stromaufnahme ist eine der wichtigsten Anforderungen für eine IoT-Anwendung, da sie in erster Linie entweder Batterien oder eine andere erneuerbare Energiequelle wie ein Solarpanel nutzt. Beide Drahtlostechnologien unterstützen verschiedene Stromsparmodi, die den Entwicklern Optionen zur Verlängerung der Batterielebensdauer bieten. Der erste dieser Modi ist der Energiesparmodus PSM, der es der Anwendung ermöglicht, das Mobilfunkmodul in einen tiefen Schlafzustand zu versetzen, was in den meisten Fällen zu einer Stromaufnahme von nur wenigen Mikroampere führt. Das Gerät benachrichtigt seinen Mobilfunkmast über seine Absicht und kann dann bis zu 413◦Tage lang schlafen. Während dieser Zeit gibt es keine Möglichkeit, Daten an das Gerät zu übermitteln. Wenn es jedoch aufwacht, muss es sich nicht mehr beim Mobilfunkmast anmelden.

Der nächste Modus ist eDRX (extended Discontinuous Reception). Dieser leichtere Schlafmodus spart bis zu 40◦Minuten Strom bei LTE-M oder bis zu drei Stunden bei NB-IoT. Auch das Aufwachen aus dem Ruhezustand vollzieht sich schneller als bei PSM. Diese Stromsparmöglichkeiten sind aber nicht immer und überall verfügbar. Ihre Konfiguration hängt von den Einrichtungen des Dienstanbieters ab, was bedeutet, dass die Akkulaufzeit in einem Land kürzer sein kann als in anderen, weil eine Einstellung nicht ausgehandelt werden kann. Die Nutzung eines Dienstanbieters, der eine Roaming-SIM anbietet, kann auch den Zugang zu diesen stromsparenden funktionen einschränken.

Da die IoT-Implementierung in Mobilfunknetzen so unterschiedlich ist und von so vielen Faktoren abhängt, ist es kein Wunder, dass die Suche nach Hinweisen zur Stromaufnahme ein ziemlich fruchtloses Unterfangen ist. Meistens liefert eine Google-Suche Seiten mit der Aussage „10 Jahre Batterielebensdauer“, anscheinend sowohl für LTE-M als auch für NB-IoT und ohne Details zur Batteriekapazität zu nennen.

Zellulares IoT im Labor

Zum Glück haben sich Teams an verschiedenen Instituten die Zeit genommen, den Stromverbrauch zu untersuchen. Die Ergebnisse solcher Untersuchungen geben einige Hinweise darauf, was zu erwarten ist, und zeigen, wie das mobile IoT im Vergleich zu den Alternativen abschneidet. Tan vergleicht zum Beispiel LoRa und NB-IoT. In dem Experiment werden MQTT-Pakete mit jeweils 50◦Byte Daten gesendet. Bei einer optimalen Konfiguration und guten Verbindungsbedingungen benötigt NB-IoT etwa 200◦mJ pro Transaktion.

Bei LoRa hingegen hat der Entwickler mehr Kontrolle über die Übertragungskonfiguration, indem er einen Spreizfaktor (SF) einstellt. Bei SF7 ist die Bitrate höher, was kürzere Sendezeit bedeutet, während bei SF12, der niedrigsten Einstellung, die Sendezeit (bei gleicher Bitzahl) am längsten ist. Das Risiko besteht jedoch darin, dass SF7 die Reichweite für eine erfolgreiche Übertragung zu stark verringert, so dass der Datenaustausch wiederholt werden muss. Bei den Tests benötigte SF7 nur 100◦mJ pro Transaktion, die Erhöhung auf SF12 jedoch 250◦mJ.

Die Schlussfolgerung ist, dass eine 3.000-mAh-Batterie bei LoRa mit SF7 diese Konfiguration mehr als 32◦Jahre lang mit Strom versorgen könnte, aber mit SF12 reduziert sich dies auf knapp 13◦Jahre. Im Vergleich dazu könnte NB-IoT eine Betriebsdauer von knapp 20◦Jahren ermöglichen. In Anbetracht der Tatsache, dass LoRa unter realen Bedingungen seine SF- und andere Transceiver-Konfiguration (Bandbreite) anpassen müsste, um erfolgreiche Datenübertragungen aufrechtzuerhalten, kann eine solche Variation der Batterielebensdauer als zu riskant angesehen werden.

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Vergleich mit LoRaWAN

Dieses Risiko wird auch in der Forschung eines Teams der Universität Antwerp. hervorgehoben. In ihrer Schlussfolgerung stellen sie fest, dass LoRaWAN unter kontrollierten Laborbedingungen zwar die geringste Stromaufnahme hatte, was eine jahrelange Anwendungsdauer verspricht, aber „beim Einsatz in Echtzeit (sic!) dieser Wert auf ein paar Monate schrumpft.“ Sie testeten auch NB-IoT im Vergleich zu Sigfox und DASH7. Während DASH7 unter den gleichen Bedingungen einen noch günstigeren Stromverbrauch als LoRaWAN aufwies, mutmaßte das Team, dass NB-IoT trotz der etwas höheren Stromaufnahme die bessere Option sein könnte. NB-IoT könnte einfach mehr Kriterien erfüllen, wenn man alles berücksichtigt, was eine IoT-Anwendung benötigt, zum Beispiel Verfügbarkeit, Latenzzeit, Abdeckung, Sicherheit, Robustheit und Durchsatz.

Die Drahtlostechnologie hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten dank CMOS-Funktransceivern, hoch integrierten Funkmodulen und winzigen Antennen demokratisiert. Selbst die Software-Stacks sind oft frei verfügbar. Die Entwickler arbeiten jedoch oft nur am Endknoten und sind auf andere angewiesen, wenn es um die Infrastruktur geht, mit der sie sich verbinden. Obwohl LTE-Mobilfunknetze für Smartphone-Nutzer allgegenwärtig und einfach zu bedienen sind, gilt dies nicht für diejenigen, die sich für das Internet der Dinge darauf verlassen wollen.

Nichts für schwache Nerven

Für Uneingeweihte ist es schwierig, verlässliche Informationen darüber zu finden, was das mobile IoT kann und was nicht, ob wichtige Energiesparfunktionen weltweit verfügbar sind oder wie man ihre Verfügbarkeit feststellen kann. Das lässt das mobile IoT wie das arme Geschwisterchen der Smartphone-Industrie aussehen. Die jüngste Nachricht, dass Vodafone sein auf IoT-Dienste spezialisiertes Geschäft verkaufen will, trägt nicht dazu bei, dieses Bild zu verbessern. Obwohl Vodafone im vergangenen Jahr 150◦Millionen IoT-SIM-Verbindungen verkauft hat, macht diese Sparte nur 2◦% des Serviceumsatzes aus.

Obwohl Untersuchungen zeigen, dass das mobile IoT im Vergleich zu alternativen LPWAN-Lösungen in puncto Stromaufnahme und Batterielebensdauer wettbewerbsfähig ist, hat es immer noch seine Schwächen. Da die Netzinfrastruktur einiger Anbieter und in einigen Ländern Stromsparmaßnahmen nicht durchgängig unterstützen, dürften sich Techniker weiterhin schwer tun, konkrete Aussagen zur Batterielebensdauer zu machen, die für die Kunden attraktiv sind. Klar ist, dass jeder LPWAN-Ansatz Nachteile hat, und die Entwicklungsteams müssen diese je nach Anwendungsfall gegeneinander abwägen. Und es scheint, dass noch ein gerüttelt Maß an Forschungszeit erforderlich ist, um einen möglichst direkten Vergleich der am besten geeigneten LPWAN-Lösungen zu erhalten.


Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel (230376-01) erscheint in Elektor Mag Sep/Oct 2023


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