Ton Plooy
Ja, tbp 2.0… damit waren wir gerade in vollem Gange beschäftigt als plötzlich - wie aus dem Nichts - das Coronavirus über uns hereinbrach. Man kann sich keine Zeitung, Zeitschrift, Mailbox, keinen Social Media-Bericht und kein Reklameblatt mehr ansehen, ohne mit Corona konfrontiert zu werden. Das gilt auch für diese Kolumne.
 
Wir hatten große Pläne, die nun aber schlagartig in einem ganz anderen Licht erschienen. Da gab es auf einmal die Krise. Nun hatten wir so etwas schon einmal erlebt, unter anderem im Jahr 2008, aber diese hier war von einem ganz anderen Kaliber.
 
Wie immer war die Mailbox in aller Kürze gefüllt mit gut gemeinten schlechten Ratschlägen. Jeder war plötzlich auf sich allein gestellt und andere Werte und Normen hielten ihren Einzug. Eigentlich mussten wir uns wieder auf unsere Grundsicherungen besinnen, das globale Denken gab es auf einmal nicht mehr. Jeder von uns wurde sich dessen bewusst, dass wir alle von Asien abhängig geworden waren, vor allem von China. Sogar elementare Dinge wie Mund- und Nasenschutzmasken produzierten wir nicht einmal mehr selbst. Der Ansturm aufs unentbehrliche Toilettenpapier war überwältigend.
 
Jetzt, wo sich die Wogen einigermaßen geglättet haben, und jeder sich mehr oder weniger damit abgefunden hat, sind wir, nicht vollkommen reibungslos, in der Eineinhalbmetergesellschaft angekommen. Die Arbeit im Homeoffice erfährt man inzwischen als praktisch, und Microsoft Teams erfreut sich großer Beliebtheit. Es scheint also doch noch eine Alternative zur herkömmlichen Arbeitsweise zu geben. Der Urlaub im eigenen Land hat vielen gut gefallen, es gab keine „schwarzen Samstage“ oder anderweitige Staus auf den Straßen, und angesichts des Ansturms auf die Supermärkte scheint das ausgiebige Kochen zu Hause das neue Hobby vieler unserer Landsleute geworden zu sein.
 
Auch in der Fertigungsindustrie haben wir die nötigen Anpassungen vorgenommen: Wir kaufen in der Region, sorgen für genügend Vorrat, es gibt weniger ausländische Arbeitnehmer, usw. Das sind eigentlich alles Maßnahmen, die dem Motto „alles so preiswert wie möglich“ widersprechen. Dass preismäßig alles ein wenig teurer wird, muss man dann als eine Art Versicherungsprämie auffassen: Wir möchten uns davon versichern, dass alle Geschäfte gut und zeitig abgewickelt werden.
 
Um Susan Neiman (von der niederländischen Tageszeitung „Het Financieele Dagblad“) zu zitieren: „Die Europäer finden ihn so selbstverständlich, dass sie ihn selbst nicht mehr wahrnehmen, aber es gibt ihn ganz gewiss: den europäischen Demos, ein Wertesystem, das die Europäer verbindet und das sie miteinander teilen. Aber hier fehlt Geschichtsbewusstsein. Wie ein Fisch, der nicht weiß, was Wasser ist, erfahren die Europäer ihren Bezugsrahmen als so selbstverständlich, dass sie das Besondere ihres Status vergessen haben.”
 
War uns eigentlich bewusst, wie gut es uns ging?