Der weltweit erste voll funktionsfähige 8-bit-Plastik-Mikroprozessor besteht aus 4000 organischen Transistoren, die direkt auf eine flexible Kunststoff-Folie aufgebracht wurden. Die Verwendung von preiswertem organischem (Kunststoff-)Material anstelle von teurem, hochreinem monokristallinem  Silizium, wie es traditionell in der Halbleiterindustrie verwendet wird, eröffnet ganz neue Anwendungen in Nischen, in denen ein absoluter Low-cost-Rechner gebraucht wird. Das können intelligente Verpackungen, aufrollbare Displays oder der Teile von Kleidungsstücken sein.

 

Der Kunststoff-Mikroprozessor wurde von den niederländisch-belgischen Forschungseinrichtungen IMEC, Holst Centre, TNO und der Firma Polymer Vision entwickelt. Er ist nicht nur der erste organische Mikroprozessor der Welt, sondern auch der langsamste Mikroprozessor der Welt. Dennoch stellt er einen riesigen Schritt nach vorne dar, so wie 1971 der Intel 4004, der erste 4-bit-Mikroprozessor in Silizium-Planar-Technologie mit 2300 Transistoren und ebenfalls noch sehr bescheidener Rechenleistung. Damals hat niemand damit gerechnet, dass mit diesem Mikroprozessor das digitale Zeitalter beginnen würde.

 

Dass der organische Mikroprozessor eine ähnliche Revolution auslösen wird, erwartet heute auch niemand. Aber die Demonstration eines ersten organischen Mikroprozessor beweist, dass billige organische Schaltungen in einigen Anwendungen eine Alternative zu den vergleichsweise teuren Siliziumchips darstellen können.

In Bezug auf Geschwindigkeit und Leistung sind organische Halbleiterschaltungen den traditionellen ICs um Größenordnungen unterlegen. Allerdings haben organische Halbleiter viele andere Vorteile. Sie sind flexibel und können einfach und kostengünstig in einem sehr großen Bereich angewendet werden. Baugruppen lassen sich auf Verpackungsfolien aufdrucken wie heute Werbetexte. Billige und flexible organische Mikroprozessoren könnten zum Beispiel für intelligente Verpackungen von Medikamenten genutzt werden, die angeben, wann wie viele Tabletten einzunehmen sind. Mit aufgedruckter Elektronik könnte auch die Echtheit oder Frische von Produkten leichter geprüft werden.

 

Der jetzt vorgestellte organische Mikroprozessor besteht aus zwei 25 μm dünnen Folien:

Einer Mikroprozessor-Folie (1,96 x 1,72 cm ²) mit 3381 Transistoren und einer Befehls-Code-Folie (0,72 x 0,64 cm ²) mit 612 Transistoren. Die Strukturen bestehen aus organischen und metallischen Schichten auf einer flexiblen Trägerfolie.

Der organische Mikroprozessor arbeitet mit einer Versorgungsspannung zwischen 10 und 20 V bei einer Taktfrequenz von 6 Hz. Der Energieverbrauch bei 10 V Betriebsspannung beträgt typisch 92 μW.

 

Mehr Infos:

http://www2.imec.be/be_en/press/imec-news.html