Neulich ist mal wieder etwas Schönes auf meinem Schreibtisch gelandet: ein zweikanaliges 100-MHz-Digitaloszilloskop. Das Owon SDS1102 wird schon seit einiger Zeit im Elektor Store verkauft, und wir haben es bereits früher rezensiert. Es ist ein relativ einfaches Oszilloskop, vor allem im Vergleich zum Hameg HMO1522, das normalerweise auf meinem Labortisch steht (siehe Abbildung 1), aber das ist ein Gerät aus einer ganz anderen Preisklasse.

Abbildung 1: Das Owon SDS1102 und mein Hameg HMO1522 im Hintergrund. Welches der beiden Bedienfelder gefällt Ihnen besser?

Das Owon wird als Oszilloskop für Einsteiger gesehen, eine Klassifizierung, der ich nicht ganz zustimme. Der niedrige Preis trägt sicherlich zu diesem Image bei, und was die technischen Daten und die Genauigkeit angeht, wird mein Hameg viel mehr leisten. Das heißt aber nicht, dass mir das Owon nicht gefallen würde, ganz im Gegenteil. Lassen Sie mich meine Eindrücke mit Ihnen teilen.

Ergonomie

Das erste, was einem auffällt, ist das geringe Gewicht dieses Oszilloskops und dass es für ein Benchtop-Scope relativ klein ist. Natürlich ist es schön, wenn ein Messgerät leicht ist und wenig Platz auf dem Labortisch einnimmt, aber das kommt nicht immer der Benutzerfreundlichkeit zugute. Nichts ist zum Beispiel so ärgerlich wie ein Messgerät, das zu leicht ist, um an Ort und Stelle zu bleiben, wenn man Tasten betätigt, um Einstellungen oder Bereiche anzupassen. Aber wenn Sie das Owon SDS1102 für die ersten Messungen auf den Labortisch legen, werden Sie feststellen, dass es aus ergonomischer Sicht nichts zu bemängeln gibt: Selbst wenn es auf einer glatten Arbeitsfläche steht, lässt es sich leicht benutzen.

Meine Bemerkung zu den geringen Abmessungen des Oszilloskops bezieht sich hauptsächlich auf die Tiefe des Geräts. Die Frontplatte unterscheidet sich in ihrer Größe kaum von der eines klassischen Oszilloskops aus der CRT-Ära, das Bedienfeld ist geräumig und übersichtlich, und die Tasten lassen sich bequem bedienen. Die Einfachheit und Klarheit des Bedienfelds ist für mich ein Pluspunkt. Die wichtigsten Tasten für die Einstellungen sind schnell zu finden. Der LCD-Bildschirm ist groß, hell und klar, und auch beim Betrachtungswinkel gibt es nichts zu meckern.

Die Benutzeroberfläche

Die Benutzeroberfläche ist leider nicht in jeder Hinsicht gut durchgedacht, denn einige - weniger häufig genutzte - Einstellungen und Funktionen sind in Menüs oder unter Tasten versteckt, wo man sie nicht sofort erwarten würde. Sehr ärgerlich ist, dass sich Menüs nach relativ kurzer Zeit automatisch schließen, wenn man keine Tasten betätigt, aber das lässt sich zum Glück in den Einstellungen anpassen oder sogar ganz abschalten.

Die Taste Messen öffnet ein Menü, in dem der Benutzer automatische Messungen der Eingangssignale auf dem Display hinzufügen kann. Bei meinem Hameg beschränkt sich die Liste auf die naheliegendsten Messungen, wie z.B. die Periodendauer oder den RMS-Wert des Eingangssignals; beim Owon hingegen erscheint eine sehr lange Liste. Für meinen Geschmack eine viel zu lange Liste, bei der man oft im Handbuch nachschlagen muss, um zu verstehen, was genau gemessen wird.

USB-Anschlüsse

Auf der Vorderseite befindet sich auch der übliche USB-A-Anschluss zum Einstecken eines Speichersticks. Bildschirmabzüge und Messwerte können so einfach zur Weiterverarbeitung auf einem Computer gespeichert werden. Dieser Anschluss wird auch für ein mögliches Firmware-Update genutzt, allerdings konnte ich auf der Website von Owon keine Downloads mit (neuerer) Firmware für den SDS1102 finden.

Ein zweiter USB-Anschluss (Typ B) befindet sich auf der Rückseite des Oszilloskops. Mit einem USB-Kabel kann dieser Anschluss mit einem PC verbunden werden. Die mitgelieferte CD enthält Software, um Messungen vom Oszilloskop an den Computer zu senden (Abbildung 2).

Abbildung 2: Der Bildschirm des Oszilloskops auf meinem PC

Außerdem kann der SDS1102 mit dieser Software ferngesteuert werden (Abbildung 3). Ich habe keine direkte Anwendung dafür, aber es könnte sich als nützlich erweisen.

Abbildung 3: Fernsteuerung des SDS1102 über USB.

Strommessung

In den Kanaleinstellungen ist mir - neben der Möglichkeit, einen 1:100- oder sogar einen 1:1000-Tastkopf zu wählen - eine Einstellung für die Strommessung aufgefallen, die ich bei einem Scope noch nicht gesehen habe. Einfach ausgedrückt: Ein Kanal misst die Spannung über einem Widerstand, dessen Wert man in den Einstellungen des Oszilloskops eingibt. Die Spannung, die der Tastkopf misst, wird automatisch in den Strom umgerechnet, der durch den Widerstand fließt. Klingt praktisch, aber in der Praxis benötigen Sie einen Differenzialmesskopf, es sei denn, dieser Widerstand ist an einem Ende mit GND verbunden. Vielleicht kann man sogar die internen Funktionen des Oszilloskops nutzen, um die Spannungsdifferenz zwischen den beiden Kanälen in einen Strom umzuwandeln, aber nach einem ersten Fehlversuch habe ich nicht weiter gesucht. Meiner Meinung nach sollte das Handbuch, das dem SDS1102 beiliegt, in Bezug auf diese Funktion hilfreicher sein.

Handbücher

Apropos Handbuch: Diesem Owon-Scope liegt ein gedruckter Quick Guide bei, der - wie der Name schon sagt - dem Benutzer den Einstieg in den Anschluss, die Kalibrierung und die Durchführung der grundlegendsten Messungen ermöglicht. Auf der beiliegenden CD befindet sich das wesentlich umfangreichere Benutzerhandbuch, in dem das SDS1102 ausführlich beschrieben wird. Es enthält auch anschauliche Beispiele, die zeigen, wie man mit diesem Oszilloskop messen kann. Es ist kein hochwertiges Lehrmaterial, aber es enthält sicherlich nützliche Anleitungen und Tipps für den Oszilloskop-Neuling. Und wie ich bereits erwähnt habe, werden auch erfahrene Techniker von Zeit zu Zeit in diesem Handbuch nachschlagen müssen, um alle Funktionen und die Bedienung vollständig zu verstehen.

SDS1102 bietet Einfachheit

In den meisten Rezensionen im Internet wird das SDS1102 als günstiges Oszilloskop für Einsteiger bezeichnet, und zugegebenermaßen ist es von den Spezifikationen und Funktionen her sicher kein Spitzengerät, was man von einem Gerät dieser Preisklasse auch nicht erwarten sollte. Es gibt sicherlich einige Kritikpunkte, aber mir gefällt die Einfachheit und Klarheit der Bedienung sehr gut. Endlich ein Oszilloskop, bei dem man einfache Einstellungen wie Zeitbasis und Triggereinstellungen schnell auf einen Blick findet ... ein guter Grund, dieses Oszilloskop zu kaufen!