Review: Elektronische USB-Last JOY-iT HD35
über
Als ich dieses kleine komische Teil namens HD35 von JOY-iT im Internet sah, war ich neugierig. Eine elektronische Last für den USB-Port? Auf was für Ideen man so kommt in Fernost! Aber als ich genauer las, was das Teil kann, war mir der Sinn schnell klar. Damit kann man die Belastbarkeit von USB-Ports aller Art testen. Nicht nur bei selbstgebauten Geräten und bei Produkten aus eigener Entwicklung ist das aufschlussreich, es lassen sich auch allerlei fertige Ladegeräte damit auf Herz und Nieren prüfen. Zwar hatte ich mit dem UM25C schon einmal ein Review eines USB-Testers verfasst – aber diesmal handelt es sich um ein ganz anderes Gerät mit anderen Fähigkeiten.
Features
Zunächst zu dem, was JOY-iT zu seinem Produkt sagt: „Mit dem JT-HD35 erhalten Sie einen kompakten, elektronischen USB-Lastwiderstand mit einer Leistungsfähigkeit von bis zu 35 Watt.“ Letzteres ist ein Wort, wenn es um USB geht. Weiter wird davon gesprochen, dass es mit diversen Modi für unterschiedliche Schnellladeverfahren ausgestattet ist, dass der Maximalstrom 5 A beträgt und dass man ihn einstellen kann (was es wohl „für fast jeden Anwendungszweck geeignet“ macht) sowie dass es einen Kühlkörper mit Lüfter „für eine effektive Kühlung des gesamten Gerätes“ besitzt. Und das stimmt. Die technischen Daten sind:
- Betriebsspannung: 4 bis 25 V (DC)
- Laststrom: 0,25 bis 5 A
- Leistung: max. 35 W (daher der Name ;-) )
- Indikatoren: 3 Status-LEDs (grün, blau, rot)
- Display: vierstellige Siebensegmentanzeige LED rot
- Bedienung: 3 Taster, 1 Mehrgangpotentiometer (Strom)
- Anschlüsse: USB 2.0, Micro-USB, USB-C
- Lüfter: 40 mm, 0 bis 8.000 U/min, temperaturgesteuert
- Abmessungen: 84 x 41 x 28 mm
- Gewicht: 52 g
Auspacken
Im Postpaket war eine unscheinbare kleine Plastik-Box (Bild 1) mit dem Foto des Moduls, das drin sein sollte. Meine nicht ganz unbegründete Vermutung war sofort: In dieser kleinen Box steckt zwar die Elektronik, aber nackt, d.h. ohne auch nur die geringste Spur einer gedruckten Betriebsanleitung. Nachdem oben kein Hinweis auf die Anleitung war und auch kein QR-Code mit einem Link dahin, drehte ich die Box um (Bild 2). Aber nix da, nada. Immerhin findet man unten und an der Stirnseite einen aufgedruckten URL von Joy-IT und gelangt so auf deren Webseite. Nach Eingabe des Produktnamens kommt man auf die Produktseite, und siehe da: hier findet man das Manual als PDF.
Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich gedruckte Anleitungen bei der Vielzahl an Geräten und Tools wirklich nicht vermisse. Ein PDF heruntergeladen und im Ordner „Anleitungen“ auf meinem PC verstaut spart mir mühsame Suche von Hand – und ein PDF ist auch so einfach wie bequem nach Stichworten durchsuchbar. Zunächst wollte ich aber einmal ohne Blick ins Handbuch schauen, wie weit ich komme und wie selbsterklärend dieses Produkt ist.
Bild 3 zeigt den ausgepackten Inhalt der kleinen Plastik-Box. Witzigerweise ist der Lüfter mit nur zwei von vier möglichen Schrauben am Kühlkörper befestigt. Da wurde also vermutlich ein ganzer Cent gespart, aber mechanisch reicht es aus. In Bild 4 wird die Unterseite der Platine enthüllt. Man sieht mit dem TIP122 einen 65-W-NPN-Leistungsdarlington (vermutlich die eigentliche Last) und den einstellbaren Spannungsregler LM317. Außerdem entdeckt man einen mit dem Mikrocontroller U1 = N76E003AT20 ein kleines und mit 28 ¢ extrem preiswertes 8051-Derivat nebst Peripherie-Chips und passiven Bauteilen. Weil die Schrift dieser Winzlinge nicht gut zu lesen ist, fotografiere ich sie üblicherweise und vergrößere das Resultat (siehe Bild 5).
Nachdem das klar war, konnte die Probiererei losgehen...
Ausprobieren
Als Testobjekte habe ich zwei Netzteile/Ladegeräte mit drei Kabeln (Bild 6) ausgewählt. Das kleine Schwarze rechts mit dem Micro-USB-auf-USB-A-Kabel ist ein billiger Standard-Lader mit 5,1 V und 1 A Belastbarkeit, wie er bei vielen (alten) Smartphones beilag. Es kann nichts außer diese fünf Watt liefern. In der Mitte umringt von einer USB-A-Verlängerung und einem USB-C-Kabel prangt das weiße Power-Ladegerät von Ravpower. Es bietet an seiner USB-A-Buchse 5 V mit 2,4 A und an der USB-C-Buchse nicht nur 5 V mit 3 A, sondern dank QC-3.0-Kompatibilität auch noch 9 V oder 15 V mit 2 A sowie 20 V mit 1,5 A. Die Gesamtbelastbarkeit ist mit 36 W angeben, was es als prima Versuchskaninchen prädestiniert.
Nach dem Einschalten zeigt sich bei Anschluss an das schwarze Ladegerät zunächst die Spannung zweistellig auf dem Display, also etwa „5.1U“. Etwas wildes Rumdrücken auf den Tastern machte mir klar: Die Set-Taste schaltet bei jedem Druck zwischen der Anzeige von Spannung, Leistung (zunächst „0.0P“) und Strom (hier „1.00A“ blinkend) um. Drückt man jetzt einmal auf die OK-Taste, hört das Blinken auf und die Anzeige des Stroms bleibt stehen. Der nach 20 s einsetzende Lüfter machte mir klar, warum: Blinken bedeutet „Anzeige des eingestellten Stroms der Last, aber Last nicht angelegt“. Ist die Anzeige aber stabil, wird der eingestellte Strom auch entnommen. Noch ein Druck auf „Ok“ lässt die Stromanzeige wieder blinken.
Drehte ich mit dem Poti den Strom höher, so bricht das kleine schwarze Netzteil gleich ein und man konnte bei 1,1 A nur noch etwa 3,5 V messen. Es hat also erstaunlicherweise eine Strombegrenzung und fackelt nicht einfach bei Überlast ab! Interessanterweise zeigt sich hier auch, dass Micro-USB ein zwar kleiner, aber für Versorgungszwecke völlig ungeeigneter Stecker ist. Schon bei 1 A zeigt das Display nur 4,9 V. Bei Verwendung der USB-A-Verlängerung am gleichen Netzteil bleibt die Spannung auch da immerhin noch auf 5,0 V.
Nun zum Powernetzteil: Über die USB-A-Verlängerung an seiner USB-A-Buchse angeschlossen reagiert die Strombegrenzung erst bei etwa 3 A. Über das USB-C-Kabel angeschlossen konnte ich sogar 3,88 A einstellen, bis sich das Netzteil abschaltete. Bild 7 zeigt das Beweisfoto. Ravpower hatte also nicht zu viel versprochen.
Und jetzt?
Viel weiter kam ich nicht. Mir hat sich nicht von selbst erschlossen, wie ich die verschiedenen anderen Spannungen nach QC 2.0 oder 3.0 testen könnte. Also doch das Handbuch herunterladen und studieren. Gleich fiel mir auf, dass ich den kleinen unscheinbaren Taster auf der Unterseite glatt vergessen hatte. Erst eine Grafik in der Anleitung hat mich draufgestoßen. Damit mir das nicht nochmal passiert, habe ich die vereinfacht beschriftete Abbildung von Bild 8 gephotoshopt.
Nun also geschaut, was man mit dieser unscheinbaren Trigger-Taste (unten in der Mitte rechts) machen kann. Ein Druck von 2 s wechselt vom Default-Mode (5 V „normal“) in die anderen Modi. Es sollte dann zunächst „-5.0“ zu lesen sein und man ist im Modus QC 2.0. Blinkt die rote LED, kann man mit den Tasten „+“ und „-“ die Spannung in den Schritten 5/9/12/15/20 V verstellen. Und mit Trigger gelangt man dann auch in die anderen Modi. Mangels passenden Ladegeräts konnte ich die Schnellladefunktionen der Modi AFC9 von Samsung und FCP9 von Huawei nicht testen.
Ohne Handbuch wäre ich nicht hinter die Modusumstellung gekommen. Die Bedienung dieser elektronischen USB-Last ist also (für mich) nicht gänzlich selbsterklärend. Wie ich mich kenne, nervt es mich, wenn ich in drei Monaten diese Last wieder verwenden will und gezwungen bin, die Anleitung zu Bemühen, weil ich die Bedienung vergessen habe. Aber funktionieren tut es soweit, wenn man verstanden hat wie man das Gerät bedient.
Fazit
Alles in allem ist diese preiswerte elektronische USB-Last funktional und tut genau das, was sie tun soll. Dass kein gedrucktes Handbuch beiliegt, ist eher positiv da umweltfreundlich und zeitgemäß. Dass das Handbuch trotz seiner Kürze von sieben Seiten vermeidbare Formulierungsschwächen und „Tippfehler“ aufweist, ist wohl dem Einsatz einer Übersetzungssoftware geschuldet. Gutes Deutsch wäre der Verständlichkeit förderlich. Wer gut Englisch spricht und jetzt denkt, er könne dann ja auf die englische Version des Handbuchs aufweichen, das ebenfalls auf der JOY-iT-Seite zur Verfügung steht, der wird enttäuscht, denn es ist nicht wirklich besser. Aber immerhin kann man verstehen, was der Autor wohl gemeint hat.
Verbesserungspotential gibt es auch bei der Anordnung vor allem des dritten Tasters „Trigger“. Ihn hinten unter der Platine zu verstecken mag dem Platinen-Layouter das Leben leichter gemacht haben und zu einer etwas kleineren Platine geführt haben, stört aber die Ergonomie. Um Trigger zu betätigen muss man das Modul mit der anderen Hand festhalten, sonst schiebt man es weg. Und wenn man wie ich gestrickt ist, muss man den Taster erst einmal finden ;-).
Alles in allem leistet diese USB-Last aber das, was sie verspricht. Sie ist preiswert und hält dank ausreichendem Lüfter auch längere Zeit eine relativ hohe Leistung aus. 30 W habe ich ausprobiert. Die maximale Leistung von 35 W ist für den Test von USB-Ausgängen aller Normen mehr als ausreichend. Wer eine solche elektronische Last also mehr als einmal im Leben benötigt, mag sie kaufen. Ein Selbstbau wäre mit Sicherheit nicht preiswerter.
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