In vorigen Elektor-Ausgaben haben wir bereits drei kleine und einfache Schaltungen für magnetische Levitation gezeigt. Damals hatten wir bereits angemerkt, dass es auch andere Möglichkeiten gibt Objekte schweben zu lassen – so zum Beispiel mit der Hilfe von Schallwellen. Auf Instructables.com wurde ein von der Universität Bristol entwickeltes Hobbyprojekt vorgestellt, das die akustischen Wellen handelsüblicher Ultraschallwandler verwendet, um die vermeintliche Schwerelosigkeit kleinerer Objekte zu erzeugen. Das im Elektor-Store erhältliche Makerfabs Acoustic Levitator DIY Kit beinhaltet alle Bauteile, um das als „TinyLev“ bekannte Projekt nachzubauen. Das Set erspart einem die Suche nach den einzelnen Komponenten – inklusive dem 3D-gedruckten Rahmen für den Aufbau.

Das Set wird ohne Dokumentation geliefert, jedoch verweist der Link im Elektor-Store auf das bereits erwähnte Instructables-Projekt. Die Projektseite enthält detaillierte Beschreibungen, Fotos und sogar einige Videos. Die Schritt-für-Schritt-Anleitung führt einen durch den Aufbau des gesamten Sets.

Auf der Webseite findet man außerdem einiges an Hintergrundinformationen (inklusive Links) zur Theorie der akustischen Levitation. Der Text bietet einem eine wirklich gute Lektüre – besonders wenn man mehr mit dem TinyLev Set machen möchte, als es nur aufzubauen und es als nettes Gadget zu bewundern. Kurz zusammengefasst: Die Levitation erfordert ein bestimmtes Muster von stehenden Wellen (in diesem Fall zwei), welche von den Schallwandlern, die als gekrümmte, Ball-förmigen „Reflektoren“ angeordnet sind, erzeugt werden. Die richtige Form und Positionierung der Wandler sind dabei entscheidend für den Schwebe-Effekt. Von der Instructables-Webseite können zwei Designs für den 3D-Druck des TinyLev Stativs heruntergeladen werden. Das Makerfabs Acoustic Levitator Kit beinhaltet bereits ein gedrucktes Exemplar der Version V1 inklusive eines Ständers, der noch auf den Sockel geklebt werden muss.
 

Der Zusammenbau – aber das Wichtigste zuerst

Nachdem man den Inhalt des Sets überprüft hat (Abbildung 1), muss man zuallererst die richtige Polarität der einzelnen Ultraschallwandler herausfinden (Schritt 4 … 6).
 

3.jpg
Abbildung 1: Der Inhalt des Sets.

Allgemein gesagt kann man den Beschriftungen der Polarität an den Schallwandlern selbst nicht wirklich vertrauen – was aber nicht daran liegt, dass das Set fragwürdige Komponenten enthalten würde! Mit insgesamt 72 benötigten Wandlern ist diese Aufgabe ziemlich zeitintensiv. In der Anleitung finden sich zwei Möglichkeiten, wie man die Polarität bestimmen kann. Eine davon verwendet den dem Set beiliegenden Arduino Nano als minimalistisches „Oszilloskop“. Jedoch ist das Durchmessen mit einem Standard-Multimeter wohl die einfachste und zeitsparendste Option. Man markiert dann die Polarität basierend auf dem anfänglichen Potential der Schallwandler, wenn man gerade die Messspitzen an die Pins angeschlossen hat. Bei mir war jedoch die automatische Justierung (Auto-Range) meines Digitalmultimeters eher hinderlich dabei. Man braucht also ein Multimeter, bei dem man die höchstmögliche Spannungsauflösung manuell einstellen kann und das auch sofort auf Änderungen reagiert, wenn man die Messspitzen an die Wandler anschließt. Schließlich habe ich dann doch die Methode mit dem Arduino Nano verwendet. Nehmen Sie sich unbedingt Zeit für die Bestimmung der Polarität, denn auch nur ein Fehler kann den Schwebeeffekt komplett ruinieren. Für ein korrektes Funktionieren ist es absolut notwendig, dass alle Schallwandler mit der korrekten Phase das ansteuernden Signals arbeiten.


Das Schallwandler-Array

Wenn die Polarität aller Schallwandler bekannt ist, kann man damit beginnen, diese auf den 3D-gedruckten Rahmen zu kleben. Die Anleitung auf Instructables.com empfiehlt hierfür eine Heißklebepistole. Für mich funktioniert das bei so kleinen Teilen wie den Schallwandlern allerdings nicht wirklich. Wenn ich auf meiner Werkbank ein absolutes Chaos veranstalten soll, dann muss man mir nur eine Heißklebepistole in die Hand geben… Ich habe daher einen für Plastik geeigneten Bastelkleber benutzt. Was auch immer Sie für einen Kleber verwenden, achten Sie darauf, dass alle die von Ihnen gemachten Polaritätsmarkierungen in die gleiche Richtung zeigen: Entweder sie zeigen alle zur Mitte hin oder sie zeigen alle zum äußeren Rand des Reflektors. Die Schallwandler sollten bündig in die runden Aussparungen der Reflektoren passen. Am Ende hatte ich einige Teile übrig: Vier Wandler wurde nicht gebraucht, um die Reflektoren komplett zu besetzen (es sind 76 Ultraschallwandler im Set!). Zwei der verbleibenden Wandler werden möglicherweise zur Fehlersuche benötigt und können als Sensoren (also als Mikrofone) verwendet werden, um die Phasenlage der Schallwellen aller Ultraschallwandler zu überprüfen (falls der gesamte Aufbau nicht funktionieren sollte…).

Im nächsten Schritt (Schritt 8 in der Anleitung) werden die Schallwandler verdrahtet. Dem Set liegt ein Stück dicker, verdrillter Leitung bei, bei dem die Isolierung auf einer Seite bereits entfernt wurde (Abbildung 2). Die einzelnen Leitungsbündel können verwendet werden, um die Schallwandler in konzentrischen Kreisen miteinander zu verbinden.

Abbildung 2: Kabel zum Verbinden der Schallwandler.


Die längeren roten und schwarzen Kabel aus dem Set dienen als Anschlussleitungen für die fertig verdrahteten Reflektoren. Jeder Reflektor besteht dabei aus einem Array aus 36 Schallwandlern. Die kürzeren Kabel werden später für die Stromversorgung der Elektronik benötigt. In Abbildung 3 sieht man, wie die fertige Verdrahtung eines Reflektors aussieht.

4.jpg
Abbildung 3: Die Verdrahtung einer der beiden Reflektoren.

 

Weitere Hardware und Software

In den weiteren Schritten werden die übrigen Verbindungen angeschlossen: Zwischen dem Arduino Nano und dem Treiber-Board, die ganze Stromversorgung und der Anschluss der Schallwandler in den Reflektoren an das Treiber-Board. Der Arduino muss natürlich auch noch programmiert werden. Dazu können Sie das Nano_TinyLev.ino Sketch von der Instructables-Seite herunterladen und mit der Arduino IDE kompilieren und auf das Board aufspielen.

Als Leistungstreiber dient ein handelsübliches L298N Motortreiber-Board mit zwei Kanälen. In diesem Fall stellt es die erforderliche Leistung des 40kHz-Signals für die beiden Schallwandler-Arrays zur Verfügung. Die richtige Verkabelung der Verbindungen sollte für den erfahrenen Bastler nicht allzu schwierig sein: Folgen Sie einfach den Anweisungen und Bildern auf der Instructables-Seite.

Zugegeben – die Erklärungen könnten an manchen Stellen doch etwas spezifischer sein… Die Grundplatte zum Fixieren der PCBs und der Stromversorgungen ist nicht im Set enthalten, aber ein einfaches, ca. 10 x 10 cm großes Stück Sperrholz sollte dafür gut geeignet sein.

Testen, testen und noch mehr testen…

Es ist wirklich sehr ratsam die in der Anleitung beschriebenen Tests durchzuführen, bevor man die Schallwandler anschließt. Einen Kurzschluss sollte man in den Arrays auf jeden Fall vermeiden, da dies womöglich das Treiber-Board beschädigen würde. Das Ausgangssignal des Treiber-Boards sollte auch noch einmal kurz mit dem Oszilloskop überprüft werden. Wenn man genug Vertrauen in seine Arbeit hat (dass man also alle Schallwandler richtig angeschlossen hat und auch alle Wandler funktionieren), dann kann man etwas Zeit sparen und das Überprüfen der Phase jedes einzelnen Wandlers überspringen. Natürlich kann man das aber auch noch später machen: Wenn der Schwebeeffekt nicht funktioniert, dann liegt das mit hoher Wahrscheinlichkeit an einem Fehler in den Wandler-Arrays. Ich hatte großes Vertrauen in meiner Arbeit – und das war auch gerechtfertigt: Mein Aufbau hat sofort funktioniert!

 

Und experimentieren…

Nun ist es an der Zeit mit allerlei „Dingen“ zu experimentieren, die sich mit dem TinyLev zum Schweben bringen lassen. Ich habe mir nicht allzu viele Gedanken gemacht und einfach einige kleine Papierkügelchen, kleine Plastikperlen und Styroporkugeln ausprobiert – und alle waren doch ziemlich einfach zwischen den beiden Schallwandler-Arrays zum Schweben zu bringen (siehe Abbildung 4). Die Instructables-Seite beschreibt auch, wie man kleine (tote) Insekten und Tropfen zum Schweben bringt. Wenn man nach „TinyLev“ im Internet sucht, dann findet man eine Vielzahl an Experimenten und Projekten, die man vielleicht gerne einmal selbst ausprobieren möchte (vielleicht triggern sie ja auch komplett neue Ideen).

2.jpg
Abbildung 4: Eine winzige Styroporkugel schwebt im TinyLev.


Schweben auf akustischen Wellen

Mit dem MakerFab Acoustic Levitator DIY Kit ist der Aufbau des TinyLev wirklich sehr einfach. Alle benötigten Teile sind im Set enthalten und die notwendigen Informationen findet man auf der Intructables-Webseite als auch in anderen Online-Quellen. Das macht den Einstieg in eigene Experimente mit der akustischen Levitation relativ leicht. Erwarten Sie jedoch nicht, dass der Aufbau in nur einer Stunde erledigt ist. Ich brauchte bereits einiges an Zeit, um allein die ganzen Schallwandler durchzumessen und um die Arrays zusammenzulöten. Bei den restlichen Schritten habe ich sogar einige nicht absolut notwendige Schritte übersprungen, um schneller Dinge auf meiner Werkbank zum Schweben zu bringen. Überstürzen Sie aber nichts! Ein einziger Fehler – vor allem in den Schallwandler-Arrays – kann viel Zeit für die Fehlersuche und -behebung bedeuten. Wenn Sie alles richtig gemacht haben, wird Ihre harte Arbeit aber mit einem unglaublichen „WOW!“-Gefühl belohnt, sobald Sie das erste Objekt in den akustischen Wellen des TinyLev schweben sehen!

Fragen oder Kommentare?

Haben Sie irgendwelche technischen Fragen oder Kommentare zu diesem Artikel? Kontaktieren Sie den Autor unter Luc.Lemmens@elektor.com oder kontaktieren Sie das Elektor-Team unter editor@elektor.com.


Gut zu wissen!

Die Frequenzen im Ultraschallbereich liegen oberhalb des vom Menschen hörbaren Spektrums – daher auch der Name. In diesem Fall reden wir von 40 kHz, was etwa um einen Faktor 2 höher als der höchste Ton liegt, den wir noch wahrnehmen können. Im besten Fall hören wir vielleicht ein Klicken oder ein kurzes Knistern beim Einschalten des TinyLev. Andere Geschöpfe, wie zum Beispiel Ihre Haustiere, können das Signal jedoch hören und reagieren möglicherweise auch stark darauf. Den Katzen des Autors war das Signal allerdings ziemlich egal – aber die reagieren ohnehin nur auf Töne, die etwas mit Futter zu tun haben…


Übersetzung: Stephan Nolting