Digitale Pinzette Miniware DT71
über
von Harry Baggen (NL)
Es gibt verschiedene Arten von „Pinzetten“ zur Identifizierung und Messung von (passiven) Bauteilen. Die besseren Versionen sind mit 200 bis 300 € recht teuer. Es gibt auch preiswertere Versionen für etwa 20 bis 30 €, können diese oft keine Induktivitäten messen und sind mechanisch von geringerer Qualität. Als ich las, was das Modell DT71 von Miniware zu bieten hat, schien sie mir alles Features zu besitzen, die man von einem solchen Instrument erwarten kann. Und obwohl sie etwa mehr kostet als die ganz billigen Pinzetten, ist sie trotzdem noch erschwinglich.
Design
Beim Auspacken fallen als Erstes die mechanischen Eigenschaften auf: Die Pinzette ist 14 cm lang und wiegt weniger als 25 g. Das Gerät besteht aus zwei Teilen: der eigentlichen Pinzette und der Anzeige, realisiert durch ein kleines OLED-Display. Beide Teile werden über eine vierpoilige 3,5-mm-Klinkenbuchse miteinander verbunden. Auf der Oberseite des Displays befindet sich ein Berührungssensor, der zur Steuerung aller Funktionen dient. Das Displayteil kann sich gegenüber der Pinzette drehen. Außerdem ist ein Lagesensor eingebaut, der erkennt, ob Sie die Pinzette in der linken oder rechten Hand halten und die Displayausrichtung entsprechend anpasst. Das gesamte Gerät ist aus Kunststoff gefertigt und hat schöne Oberflächen.
Die Polarität der Messarme ist rot und blau markiert. Die Metallmessspitzen sind vergoldet und austauschbar. Eine Besonderheit sind die Federn in den Messarmen. Anstelle einer mechanischen Feder, welche die Messarme auseinander drückt, werden zwei Magnetpaare verwendet, von denen sich zwei Magnete anziehen und zwei Magnete voneinander abstoßen. Durch diese Anordnung der Magnetpaare ergibt sich eine sehr weiche Federwirkung. Clever gelöst.
Das Messgerät wird in einer kleinen Kunststoffbox geliefert (Bild 1), die neben der Pinzette und dem Display auch Ersatzmessspitzen und ein Adapterkabel mit USB-C-Stecker enthält.
Das Adapterkabel dient einerseits zum Laden der beiden im Pinzettenteil eingebauten Lithium-Akkus (Bild 2) und andererseits zum Anschluss des Displayteils an einen PC (zum Ändern der Einstellungen und für Firmware-Upgrades). Ein USB-Kabel und ein Netzadapter sind nicht im Lieferumfang enthalten, aber die meisten von uns werden diese bereits irgendwo herumliegen haben.
Messfähigkeiten
Der Hersteller hat sich sehr bemüht, so viele Messmöglichkeiten wie möglich im DT71 unterzubringen. Da wären zunächst einmal die Bauteilmessungen: Widerstände, Dioden, Kondensatoren und Induktivitäten kann es messen. In der Auto-Einstellung schätzt das Gerät den wahrscheinlichsten Bauteiltyp und zeigt seinen Wert an. Außerdem kann das DT71 Frequenzen bis zu 20 MHz und Gleichspannungen bis zu 40 V messen.
Zusätzlich ist auch ein einfacher Frequenzgenerator eingebaut, der Sinus, Rauschen und Impulse mit einer Amplitude von etwa 3 VSS erzeugen kann. Es gibt sogar eine Benutzereinstellung für beliebige Wellenformen (maximal 100 Punkte). Dazu muss allerdings das Anzeigeteil an einen PC angeschlossen und die Datei CAL.INI im Speicher der Pinzette modifiziert werden (Bild 3).
Diese müssen in hexadezimaler Schreibweise eingegeben werden. Ein nettes Feauture, aber es erscheint mir nicht ganz einfach, damit schnell eine Wellenform zu definieren. Ein kleines Zusatzprogramm wäre sehr praktisch gewesen!
Die CAL.INI-Datei enthält auch einige beliebig konfigurierbare Parameter wie z.B. die Zeit, nach der sich das Gerät automatisch ausschaltet, die Displayausrichtung, die Displayhelligkeit und verschiedene vorprogrammierte Frequenzwerte für die Sinus-, Arbiträr- und Impulssignale. Alle Einstellmöglichkeiten sind detailliert im Handbuch beschrieben, das Sie ebenso wie die aktuelle Firmware im Forum bei Miniware finden.
In der Praxis
Ich habe das DT71 mit einigen bedrahteten und SMD-Bauteilen aus meiner Sammlung getestet und die Messergebnisse mit einem anderen Bauteiltester sowie einem genauen Multimeter verglichen. Miniware spricht von einer Genauigkeit von 0,5 % für Widerstände, 2 % für Kondensatoren, 5 % für Induktivitäten und 1 % für Gleichspannungen an. Dies ist mehr als ausreichend für die Identifizierung von Komponenten. Es werden ohnehin nur drei Stellen (in manchen Fällen vier) angezeigt.Bei der Arbeit mit dem DT71 ist mir aufgefallen, dass das Display (Bild 4) zwar schön scharf, aber doch recht klein ist. Ich hätte es gerne etwas größer gehabt. Das magnetgestützte federnde Verhalten der Pinzettenarme ist sehr angenehm, aber die Metallmessspitzen sind nicht scharf genug. Sie rutschen leicht vom Bauteil ab, besonders wenn es auf einer Platine verlötet ist. Der Hersteller hat jedoch angedeutet, dass in naher Zukunft auch noch andere Arten von Messspitzen verfügbar sein werden.
Die Genauigkeit erweist sich als viel besser, als ich erwartet hatte. Bei Widerständen und Induktivitäten lag sie gut innerhalb der Angaben. Bei den Kondensatoren lagen die Messergebnisse verschiedener Tester um einige Prozent auseinander. Das hat u.a. mit der verwendeten Messmethode zu tun. Das DT71 lag in der Regel ein paar Prozent zu niedrig, was aber nicht weiter schlimm ist. Die von mir gemessenen Induktivitäten lagen alle innerhalb einer Toleranz von 5 %. Bei Dioden muss man darauf achten, dass die Polarität (also Plus- und Minusspitze) stimmt, sonst zeigt das DT71 nichts an. Eine LED blinkt zwar normalerweise bei korrektem Anschluss, aber bei blauen und weißen LEDs funktioniert das nicht, weil die Messspannung dafür nicht hoch genug ist.
Bei Gleichspannungen lag mein Gerät nur um 0,1 % daneben. Auch hier muss man die Polarität im Auge behalten, sonst zeigt das Messgerät negative Werte an. Bei den Frequenzmessungen lag die Genauigkeit innerhalb von 0,1 %. Der Signalgenerator erzeugt eine Sinusform, bei der die Spitzen etwas abgeflacht sind und man bei niedrigen Frequenzen auch die Quantisierungsstufen deutlich erkennen (Bild 5).
Ich fand das DT71 sehr angenehm zu bedienen. Es schaltet sich automatisch ein, wenn man es in die Hand nimmt (ab Software Version 1.08), und die Displayausrichtung passt sich automatisch an, wenn man es in die andere Hand nimmt. Der Federdruck zwischen den Armen ist sehr gering, und das macht diese Pinzette in Verbindung mit ihrem geringen Gewicht sehr angenehm in der Handhabung.
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