Review: Leitungstester Peaktech 2715
über
In grauer Vorzeit hatte ich einst „Fernmelder“ gelernt. In diesem Kontext durfte ich einmal sämtliche Steckdosen eines Klinik-Neubaus überprüfen. Ich bekam ein einfaches „Prüfgerät“ mit Lämpchen als quasidigitale Anzeige, die „in Ordnung“ (oder eben nicht) signalisierten. Falls nicht musste die Sicherung raus, die Dose aus der Wand und nach Fehlern gesucht werden.
Testgeräte
Heute man wundert sich fast, dass es noch Schraubendreher ohne integrierte MCU gibt. Mittlerweise sollte es bessere Tester geben als damals. Hier der Test eines Testgeräts, das vom Hersteller als „Digitaler Loop/PSC Schleifentester“ angepriesen wird.
PSC für „Prospective Short circuit Current“. Das Gerät soll also den geschätzten Kurzschlussstrom einer Leitungsschleife ermitteln. Damit weiß man, ob die Installationen in einem Gebäude niederohmig genug sind, damit die Sicherungen schnell genug auslösen. Womit Elektroniker weniger rechnen: Diese Sicherungen sind recht träge. Je geringer der Kurzschlussstrom, desto länger braucht die Sicherung zum Auslösen. Ein niedriger Widerstand steht für gute Qualität der verlegten Leitungen und der Klemmen in den Verteilern.
Natürlich sollte ein Leitungstester noch mehr können: Zum Beispiel anzeigen, ob die Polung etc. einer Steckdose den Normen, Regularien und Traditionen entspricht.
Lieferumfang
Aus dem Karton zieht man einen kleinen, schwarzen Kunststoffkoffer (Bild 1).
Geöffnet zeigt sich der Lieferumfang (Bild 2).
Oh Wunder: Es gibt sogar eine gedruckte Bedienungsanleitung (Bild 3)! Ein PDF findet man auf der Peaktech-Webseite. Der „Kalibrierschein“ des Herstellers indiziert, dass der Tester brauchbar abgeglichen wurde.
Hinten am Tester (Bild 4) ist eine Kaltgerätebuchse, in die man zum Test einer Schuko-Steckdose ein (beigelegtes) Kabel steckt.
Auf diese Weise wird der Tester durch simplen Kabelwechsel zu Steckdosentypen in anderen Ländern kompatibel. Damit man auch andersartige Dosen oder eine sogenannte „Kraftsteckdose“ (fünfpolig mit 400 V Drehstrom) testen kann, ist ein Kabel mit Kaltgerätestecker und drei Prüfspitzen in rot, schwarz und grün dabei. Letztere sind nicht nur spitz, sondern mit einer verbreiterten Feder versehen (siehe Vergrößerung von Bild 5), die sich für die 4-mm-Löcher diverser Steckdosen eignen.
Batterien
Vor den Test haben die Göötter aber Batterien als Hürde gesetzt: Bild 2 zeigt neben Kabeln auch 4 + 2 Stück 1,5-V-AA-Batterien. Die etwa vierfache Kapazität gegenüber einem 9-V-Block ist ein großer Vorteil. Man dürfte mit einem Satz locker ein paar tausend Steckdosen testen können.
Zuerst müssen die Batterien rein ins Gerät. Meines stellte sich recht zickig an. Bild 6 zeigt die Rückseite mit rausgedrehten Schrauben.
Die Kreuzschlitze sind so breit, dass ein kleiner Schraubendreher durchrutscht und ein großer nicht in die Versenkung reinkommt (rote Pfeile). Hier hilft ein Bit, das auch bei breiteren Klingen schlank genug ist. Damit ich oben gut ran kam, musste ich den Aufsteller abmontieren. Der rote Pfeil in Bild 7 zeigt, wo die Klinge eines normalen Schraubendrehers rein muss, um die seitliche Arretierung zu lösen. Doch der Deckel hielt immer noch sehr fest und ich musste ihn per Schraubendreher aufhebeln.
Steckdosentest
Ein Blick aufs Gerät (Bild 2) zeigt, dass über dem fetten, roten TEST-Taster drei LEDs angebracht sind. Nicht ans Netz angeschlossen sind alle dunkel. Wenn „P-E“ und „P-N“ orange leuchten, aber nicht „P⇄N“, ist alles in Ordnung. Dann liegt Netzspannung sowohl zwischen Phase (L1) und Erde (PE) sowie Phase und Neutralleiter (N) an und die Phase ist rechts, wenn das Kabel des Schukosteckers (Typ „F“) nach unten zeigt, so wie das z.B. in Deutschland üblich (aber nicht per VDE oder DIN vorgeschrieben) ist. Empfohlen wird allerdings Einheitlichkeit in einem Gebäude.
Bild 8 zeigt die korrekte Situation bei mir in meinem Elektronik-Labor. Die richtigen LEDs leuchten (WIRING CORRECT). Dreht man den Wahlschalter weg von OFF nach links oder rechts, wird die Netzspannung angezeigt: Bei mir 229 V in Bild 8a. Mein (genaueres) Multimeter behauptet, es wären 231 Veff. Der Fehler liegt also unter 1%. Drückt man kurz auf den Knopf TEST, dann wird für fünf Sekunden je nach gewähltem Messbereich entweder der Widerstand zwischen Phase und Neutralleiter (gute 0,78 Ω in Bild 8b) oder der geschätzte Kurzschlussstrom (276 A in Bild 8c) angezeigt. Arithmetisch deckt sich das nicht ganz, aber immerhin so ungefähr. Da diese Steckdose mit 16 A abgesichert ist, gab es nichts zu meckern.
Wie wird der Leitungswiderstand gemessen? Ich bemerkte ein kurzes Zucken des Amperemeter-Zeigers am Trenntrafo, den ich für Tester-Experimente nutzte. Der sehr kurze Stromimpuls ist allerdings weit schwächer als der angegebene Messbereich von 20 kA. Ich vermute einen phasensynchronen, impulsartigen Kurzschluss in der Nähe des Nulldurchgangs. Daher bleiben Wert und Integral des Messstroms klein und die Sicherung löst nicht aus. Geschickt gemacht! Manchmal löst beim Testen allerdings der FI-Schutzschalter aus, wie im Elektor-Video zu sehen. Mehr zur Theorie des PSC findet sich in diesem Artikel.
Fehler
Wie erkennt man falsch beschaltete Steckdosen? Bild 9 zeigt, welche LEDs leuchten, wenn a) der Stecker falsch herum steckt oder b) der Schutzleiter fehlt.
Die drei LEDs informieren also über einige Fehler. Die zugehörige Tabelle im Handbuch stimmt leider nicht so ganz. Das Ausprobieren der sechs sinnvollen Kombinationen führte zu Tabelle 1 . Sie zeigt, welche LEDs bei welcher Anschlussweise leuchten, zwischen welchen Anschlüssen Netzpotential liegt, was auf dem Display steht und was das bedeutet. Interessanterweise ist die LED P⇄N nur in einer einzigen Zeile aus – wenn nämlich alles in Ordnung ist. Und nur dann sollte man den roten Taster drücken und eine Messung auslösen. In der Zeile darunter („verpolt“) muss man lediglich den Stecker in der Dose umdrehen. In den vier restlichen Fällen empfiehlt sich dringend eine genauere Untersuchung der Steckdose.
Aus Tabelle 1 ergibt sich, wie LEDs und Voltmeter intern verschaltet sind. Das Ergebnis der Knobelei zeigt die Schaltung in Bild 10. Elektrisch korrekt hätte die LED P⇄N eigentlich „N-E“ heißen müssen ;-).
In meinem Kellerlabor sah es gut aus. Kein Fehler, niedrige Widerstände <1Ω und lediglich die Regel „Phase = rechts“ nicht immer eingehalten. Im Erdgeschoss hingegen waren von 17 Steckdosen 3 bedenklich, weil die Erde nicht richtig Kontakt machte. Übel war es im OG: Nur 13 von 18 Steckdosen waren okay – der Rest hatte Probleme mit dem Erdkontakt. Bei einer Steckdose war gar die Feder des Schutzkontaktes weit auseinandergebogen und dafür schön mit Farbe bestrichen, damit der Kontakt auf keinen Fall schützt. Bei den anderen Dosen sollte ich den Elektriker verfluchen, der das vor Jahrzehnten verbrochen hat - damals war ich zu klein zum Aufdiefingergucken . Er war schlicht kein Schutzleiter angeschlossen und nicht mal „genullt“!
Fazit
Der Tester kostet für Elektor-Mitglieder knapp über 150 €. Ist das bei dem engen Anwendungsbereich gerechtfertigt? Die Frage stellt sich, wenn man es nur einmal im Leben braucht. Für Elektriker oder Betriebe mit Maschinen ist das aber keine Frage. Schon zwei Stunden Zeitersparnis amortisieren den Leitungstester. Ein klassisches Multimeter kann nämlich keine Kurzschlussströme messen.
Meine Antwort: So viele unzuverlässige Steckdosen hätte ich nie in meinem Haus vermutet. Es ist zwar noch niemand zu Schaden gekommen, aber was noch nicht war, kann ja noch drohen. Von daher hat sich der Test des Testers für mich voll rentiert, denn jetzt weiß ich, dass nach Check und Fix alle Steckdosen im Haus sauber sind. Diese Sicherheit sollte es wert sein!
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