Letzten Frühling hatte Kollege Harry Baggen mit dem JDS6600 den großen Bruder getestet. Dort hat ihn vor allem das etwas einfache Plastikgehäuse gestört. Nun wurde mit dem Modell JDS2915 eine kleinere Version in einem stabilen Alu-Profilgehäuse aufgelegt. Harry wird schmunzeln, da seine Gebete zum heiligen Electricus wohl erhört wurden. Da sein getestetes Modell im Prinzip gleich funktioniert und sich nur durch ein anderes Gehäuse, einen niedrigeren Preis und eine höhere Frequenzgrenze (meines hat „nur“ 15 MHz) unterscheidet, versuche ich, Redundanzen zu vermeiden. Man lese daher erst einmal das JDS6600-Review von Harry. Ich werde mich anderen Aspekten widmen.

 

Auspacken

Bild 1 zeigt den kompletten Lieferumfang: Neben dem eigentlichen Signalgenerator im formschönen Metallgehäuse gibt es zwei BNC-Kabel mit Krokoklemmen für die zwei Signalausgänge, ein kurzes Kabel mit BNC-Steckern an den Enden zur Verbindung mit anderen Geräten, ein USB-2.0-Kabel mit USB-A und USB-Stecker zur Steuerung des Signalgenerators via PC, ein Steckernetzteil mit Hohlstecker (5 V / 2 A) und eine dünne Anleitung im DIN-A5-Format.

Bild 1. Der Lieferumfang beim Signalgenerator JDS2915.

Wer jetzt gedacht hat: „Ein Handbuch! Endlich mal ein richtiges Handbuch!“, der hat sich zu früh gefreut, denn sinnvolle Infos sind pro Sprache (Deutsch, Französisch und Englisch) auf jeweils nur zwei Seiten enthalten. Das richtige Handbuch findet sich auf der Webseite von Joy-iT (in Deutsch und Englisch). Dort kann man auch ein Datenblatt und die PC-Software zur Fernsteuerung des Signalgenerators (samt Anleitung) downloaden.

Im dünnen DIN-A5-Heft wird lediglich (wie in Bild 2) erläutert, welche Knöpfe was bedeuten. Nicht so optimal am hübschen Alu-Profilgehäuse ist (in meinen Augen), dass die Ein- und Ausgänge rechts an der Seite angebracht sind und nicht wie beim JDS6600 vorne. Die Bedienung unterscheidet sich in praktisch nichts. Lediglich die „Control Keys“ sitzen beim JDS2915 etwas tiefer und darüber direkt der Drehgeber. Beim JDS6600 musste dieser Drehknopf nach rechts ausweichen – was aber letztlich egal ist.

Bild 2. Das sind die Buchsen, Taster und sonstige Bedienelemente beim JDS2915.

Ich hatte schon vor dem Ausprobieren Bedenken, dass man das hochkant gestellte Gehäuse (Display nach vorne) mit einer Hand festhalten muss, wenn man eine Taste mit der anderen Hand betätigen will. Ich habe mich nicht getäuscht. Es ist leicht und rutscht weg, auch weil es keine Gummifüße hat.
 

Daten und Fähigkeiten

Zunächst die Standard-Angaben, da die im Datenblatt nicht immer ganz vollständig sind:

  • Versorgung: Euro-Steckernetzteil mit 5 V und 2 A
  • 2 Signalausgänge mit 50 Ω Impedanz
  • Ausgangsspannung ≤10 MHz: 0..20 VSS, in 1-mV-Schritten
  • Ausgangsspannung >10 MHz: 0..10 VSS, in 1-mV-Schritten
  • Offset: -10 – +10 V in 10-mV-Schritten
  • Kurvenformen: Sinus, Rechteck, Dreieck, Impuls, arbiträr etc.
  • Frequenz Signale: 0 – 15 MHz, in 10-mHz-Schritten
  • Tastverhältnis (Impuls und Dreieck): 0,0..99,9 %
  • Spezialfunktionen: Sweeps für Sinus-Signale und Impulse
  • Frequenzzähler: 0 – 100 MHz
  • Frequenzgenauigkeit: ±22 ppm
  • Frequenzstabilität: ±1 ppm/ 3 h
  • Amplitudenstabilität: ±5 %/ 5 h
  • Digitale Auflösung der Signale: 14 Bit
  • Abtastrate der Signale: 266 MS/s
  • Abmessungen: 145x95x55 mm (BxHxT)
  • Gewicht: 450 g (ohne Netzteil)
  • Stromaufnahme an 5 V: max. 850 mA (gemessen)
  • Display: 2,4“ Farb-LCD
  • Bedienung: Tastenfeld, Drehgeber, WLAN, USB via PC-App

 

Anders als im Datenblatt angegeben kann der Signalgenerator auch Impulse bis 15 MHz liefern. Die Ausgangsstufe kann nicht viel mehr als ±10 V ausgeben. Erhöht man den Offset z.B. auf das positive Maximum von +9,99 V, wird das Ausgangssignal auf 200 mVSS begrenzt. Bei einem Offset von z.B. -4 V bleibt so noch Raum für Signale von maximal 12 VSS. Wissenswert, aber in der Praxis keine wirkliche Einschränkung.

 

Ausprobieren

Eigentlich ist die Bedienung des Signalgenerators (abgesehen von den arbiträren Signalen) weitestgehend selbsterklärend. Ich kam jedenfalls auf Anhieb damit zurecht, ohne einen Blick ins PDF-Handbuch zu werfen. Die momentan nur in Deutsch vorliegende Software-Anleitung zeigt einen Signalgenerator im „normalen“ Kunststoffgehäuse: Ein Hinweis darauf, dass es sich bei der JDS6600er-Serie und dem JDS2915 um technisch weitestgehend gleiche Geräte handelt, was schon aufgrund der fast identischen Front meine Vermutung war. Die zugehörige Software ist eigentlich für das Modell JDS6600 gemacht – das ist der Beweis.

Die Software selbst ist ein mit LabView erstelltes Programm (Bild 3). Diese „Programmiersprache der 4. Generation“ von National Instruments wird häufiger beim professionellen Testen, Messen und Steuern eingesetzt – also ein gutes Zeichen. Obwohl bei Joy-iT (oder dem Hersteller der Software) die Treiber zur Anbindung des Signalgenerators zur Verfügung stehen, werden sie nicht zum Download angeboten. Deshalb kann man den Signalgenerator leider nicht in automatisierte Testumgebungen unter LabView einbinden. Das ist echt schade. Aber vielleicht liest das ja jemand bei Joy-iT. Wäre echt ein cooles Feature.

Bild 3. Die Optik des PC-Programms zur Fernsteuerung des JDS2915 verrät, dass es mit LabView gestrickt ist.

 

Bedienung und Signale

Bild 4 zeigt das Display in drei verschiedenen Modi (es gibt mehr). Oben ist die Einstellung für ein Sinus-Signal mit 4 VSS bei 1 kHz zu sehen. Der Offset beträgt +1,0 V und „DUTY“ aka Tastverhältnis wird hier und beim Rechteck ignoriert. Der blaue Kanal 2 steht auf 10 kHz bei 5 VSS und 0 V Offset. Interessant ist hier der Parameter „PHAS“ = Phase, denn hier kann man eine Phasenverschiebung zwischen den beiden Signalen von 0 bis 360° einstellen.

Bild 4. Bildschirm bei drei verschiedenen Modi: Sinus (oben), Impuls (Mitte) und Frequenzmessung (unten).

Bei den Impulsen macht das Tastverhältnis Sinn, aber interessant ist dieses beim Dreieck (Mitte). Ein Dreieck zeigt sich nämlich nur bei einem Tastverhältnis von 50 %. Weniger biegt die Spitze nach links und mehr nach rechts. Bei sehr kleinen (wie abgebildet) bzw. sehr großen Werten ergibt sich ein Sägezahn.

Der Frequenzzähler (unten) zeigt sich beim Druck auf den Taster „MEAS“ . Hier habe ich das 1-kHz-Kalibrationssignal meines Oszilloskops erfasst. Die Anzeige mäandert zwischen 999 Hz und 1 kHz hin und her. Anscheinend ist dieses Signal nicht perfekt symmetrisch.

Das Wichtigste an einem Signalgenerator sind die Qualität und die Art der erzeugten Signale. Bild 5 gibt hiervon einen Eindruck. Die Signale haben eine eingestellte Amplitude von 4 VSS und wurden mit meinem 100-MHz-Oszilloskop gemessen, das einkanalig eine Abtastung mit vollen 1 GS/s erlaubt.

Bild 5. Diverse Signale mit 4 VSS. 5a: Sinus mit 1 kHz; 5b: Sinus mit 15 MHz; 5c: Rechteck mit 2 Hz; 5d: Rechteck mit 100 kHz; 5e: Rechteck mit 15 MHz; Impulse mit einem Tastverhältnis von 0,1%: 5f: 1 kHz und 5g: 100 kHz; 5h: Sägezahn bzw. Dreieck mit 1 kHz und einem Tastverhältnis von 0,1%; 5i: voriges Signal stark gestreckt; 5j: zwei 10-kHz-Sinus-Signale mit einer Phasenverschiebung von 90°.

 

Sinus

Der Sinus von Bild 5a sieht sehr sauber aus. Schaut man ihn sich genau an, zeigen sich kleine Treppchen. Doch falscher Alarm: An diesen Stufen ist der 8-Bit-A/D-Wandlers meines Oszilloskops schuld. Real sind sie dank der 14 Bit des Generators viel feiner aufgelöst. Ich habe das per Dehnung der X- und Y-Ablenkung überprüft: Die Treppchen zeigen sich erst bei 100-facher Vergrößerung! Auch bei 15 MHz sieht das Signal von Bild 5b noch relativ proper aus und lediglich etwas verzerrt. Es zeigt sich fast keine Abschwächung des Signals.

 

Rechteck

In Bild 5c ist ein Rechtecksignal bei 2 Hz (DC-gekoppelt) zu sehen. Die angezeigten 4,12 V liegen an der Ungenauigkeit meines Oszilloskops. Tatsächlich sind es 4,03 V! Bei 100 kHz zeigen sich in Bild 5d leichte Überschwinger am Ende der positiven und negativen Flanke – nicht schön, aber akzeptabel. Bei 15 MHz in Bild 5e machen sich Schwächen des analogen Ausgangsverstärkers bemerkbar – immerhin erkennt man noch etwas Rechteckmäßiges.

 

Impuls

Der Nadelimpuls mit einem Tastverhältnis von 0,1% bei 1 kHz in Bild 5f hat mit 980 ns Breite einen Fehler von 2 %. Interessant wird es bei höheren Frequenzen: Oberhalb von 100 kHz wird der kürzeste Impuls bei eingestellten 0,1% nicht mehr schmaler als etwa 10 ns (in Pegelmitte, Bild 5g). Treibt man die Frequenz über 1 MHz, wird nur die Amplitude geringer und sinkt bei >10 MHz auf etwa 2 V. Das ist kein Wunder, denn die Abtastrate des Generators von 266 MHz erlaubt ja nur Schritte bis knapp unter 4 ns. Anders als laut Datenblatt kann man Impulse bis 15 MHz einstellen.

 

Dreieck

Bild 5h zeigt ein 100-kHz-Dreiecksignal, das bei „DUTY“ von 0,1% zu einem linkslastigen Sägezahn mutiert. An der positiven Flanke zeigen sich leichte Überschwinger. Dehnt man die Horizontalablenkung um das Fünffache (Bild 5i), kann man eine Abtaststufe sehen. Bei einem Tastverhältnis von 0,0% verschwindet diese Stufe komplett und ein toller Sägezahn zeigt sich.

 

Phase

Weil das schön und nützlich ist, wenn man zwei Signale zugleich generieren kann, wird in Bild 5j schließlich der Effekt von zwei um 90° gegeneinander phasenverschobenen 10-kHz-Sinus-Signalen (ausnahmsweise mit 5 VSS) demonstriert.

 

Fazit

Das Schlechte am Guten ist aus meiner Sicht das Gehäuse. Klar ist ein Alu-Profilgehäuse technisch besser als eines aus Kunststoff. Aber für mich ist das Gerät mit seinen 450 g zu leicht, vor allem verglichen mit meinem alten teilanalogen Funktionsgenerator (Bild 6), der gut 2,5 kg wiegt. Dort rutscht nichts, wenn ich die Tasten einhändig betätige. Auch mag ich es lieber, wenn die BNC-Buchsen an der Front angebracht sind – aber Bedürfnisse sind unterschiedlich und vielleicht mögen Sie das Modell JDS2915 ja genau deswegen.

Bild 6. Zum Vergleich: So sieht mein alter, teilanaloger Funktionsgenerator aus. Ob da noch ein XR2206 drin steckt?

Technisch gibt es an diesem Signalgenerator mit eingebautem Frequenzzähler kaum etwas zu mäkeln. Die Signale sind überraschend gut - sehr viel besser als bei meiner alten Möhre. Mehr als 10 MHz brauche ich sowieso so gut wie nie und die Fernsteuerung per PC ist einfach super. Ein LabView-Treiber ist bei dem Preis nicht wirklich erwartbar. Überhaupt: für knapp unter 100 € (für Elektor-Mitglieder) ist dieser Funktionsgenerator ein Preis/Leistungs-Hammer!

 

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