Tektronix Epic Oscilloscopes
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Wenige Unternehmen haben die Welt der Messtechnik und Elektronik so stark geprägt wie Danaher bzw. Tektronix. Mit „Tektronix Epic Oscilloscopes“ steht nun ein Buch am Start, das die Historie des Tektronix-Oszilloskops von den röhrenbasierten Anfängen bis knapp vor die Einführung der TDS-Serie visuell anspruchsvoll zu präsentieren sucht.
Der Autor Giovanni Becattini kann dabei auf einen reichen Fundus von Messgeräten zurückgreifen, die in seiner privaten Sammlung zur Verfügung stehen.
Das visuell sehr ansprechend gestaltete Lehrbuch würde von der Qualität des Drucks auch als Kunstband durchgehen. Becattini beginnt seine Überlegungen dabei mit der komplett röhrenbasierten 500er-Serie.
Neben historischen Überlegungen zur Einordnung der Rolle der verschiedenen präsentierten Messgeräte finden sich hier exzellente Bilder, die den einzigartigen Charme der Röhrenelektronik für die nächste Generation zu konservieren suchen.
Aufgrund der schon in der Einleitung erwähnten Sammlung Becattini reichert das Werk die Präsentation der (liebenswerten) Oszilloskop-Dinos sowohl mit Anekdoten als auch mit Berichten aus der Praxis an, die das Am-Leben-Halten der Geräte erheblich erleichtern.
Vom Keramikstreifen zum Printed Circuit Board
Nach den Experimenten und Überlegungen zu den röhrenbasierten Klassikern wendet sich Becattini der 400-Serie zu. Geradezu legendär und zu Tränen rührend ist seine Erzählung davon, wie ein IBM besuchender Tektronix-Ingenieur den Anstoß zum Tektronix 435A lieferte.
Neben Erzählungen zur Dimensionierung – das Oszilloskop musste ja unter einen der damals verwendeten Flugzeugsitze passen – wendet sich Becattini auch der Thematik der Komponentenauswahl im Detail zu. Neben Gedanken zu den damals noch mit Gold beschichteten Platinen darf sich der Leser auch auf eine Vorstellung neuer bzw. neu am Markt verfügbar gewordener Komponenten freuen, die Tektronix in der 400-Serie zur Steigerung der Leistungsparameter der Oszilloskope einsetzte.
Die Wichtigkeit der Serie – besonders relevant sind auch der 465 und der 475 – ist von den Konzepten her auch noch heute von höchster Relevanz, weshalb der historische Rückblick auch zu einer Verbesserung der Interaktion mit modernen Geräten beiträgt.
Willkommen in der Welt der Mainframe-Oszilloskope
In überraschend vielen Unternehmen findet man auch heute noch „Mainframe-Systeme“ aus dem Hause Tektronix. Im Kontext von "Tektronix Epic Oscilloscopes" handelt es sich dabei allerdings nicht um Computer, sondern um „erweiterbare Oszilloskope“ – besonders bekannt ist hier die 7000er-Serie, die neben einem 1 GHz-Analogoszilloskop auch verschiedenste Komponententester und sogar Spektralanalysator-Einschübe aufnehmen kann (und dies in Laboren auch heute noch tut).
Neben einer Besprechung der verwendeten mechanischen und sonstigen Elemente liefert Becattini in diesem Bereich eine detaillierte Liste von besonders interessanten Einschüben. Aufgrund der in der Einleitung dieses Abschnitts erwähnten modularen Architektur gilt nämlich, dass die Einschübe teilweise interessanter sind als die als „Träger“ verwendeten Mainframes.
In die Ära der modularen Oszilloskope fällt dabei die Einführung der anfangs als 7K-Plus bezeichneten 11000er-Serie – insbesondere in ihren Weiterentwicklungen CSAxxx handelt es sich dabei um Geräte, die man ebenfalls noch in vielen Labors antrifft.
Becattini gelingt es hier, die Magie dieser frühen Digitalspeicheroszilloskope auf eine faszinierende Art und Weise einzufangen. Neben einer detaillierten Besprechung – auch das HP 1980, das bei Tektronix damit einen Schock auslöste, findet Erwähnung – darf sich der Leser über exzellent ausgearbeitete Screenshots und sogar Überlegungen dazu freuen, wie man Bildschirmaufnahmen der Oldies mit moderner Technologie anfertigt.
2400er bis zuletzt
Der logisch letzte Teil des vorliegenden Werks wendet sich dann der 2400er-Serie zu: Dabei handelt es sich wieder um portable und nicht-modulare Oszilloskope, die bis zur Einführung der TDS-Serie im Markt waren und heute am Gebrauchtmarkt nach wie vor sehr begehrt sind.
Bei der Vorstellung setzt Becattini auf einen zweiteiligen Ansatz: Das erste Kapitel bespricht die verschiedenen Analogoszilloskope, während sich das zweite Kapitel mit den Digitalspeicher-Varianten auseinandersetzt.
Der „volumenmäßig umfangreichste“ Teil von "Tektronix Epic Oscilloscopes" schafft dabei eine Gesamtvorstellung dessen, was man im Hause Danaher bzw. Tektronix an Innovationen in diese Geräte verpackt hat. Auch hier gilt, dass umfangreiche Reparatur-Berichte dabei helfen, bei der Problemdiagnose im eigenen Haus nicht mit der berühmten Null starten zu müssen.
Ein ideales Geschenkbuch!
Giovanni Becattini gelingt ein exzellentes Lehrbuch, das in vielerlei Hinsicht im Elektronik-Buchmarkt seinesgleichen sucht. Sowohl aufgrund der exzellenten Druckqualität als auch aufgrund des faszinierenden und detailreich geschilderten Inhalts gilt, dass das Werk ein ideales Geschenk ausmacht. Außerdem gilt frei nach Kane der Spruch: „Wer die Vergangenheit kontrolliert, hat Macht über die Zukunft. Wer die Zukunft in den Händen hält, erobert die Vergangenheit“.
Wer sich mit der Entwicklung der Tektronix-Oszilloskope in der Vor-TDS-Ära auseinandersetzt, ist bestens gerüstet, um die „modernen Trends“ im nun von anderen Unternehmen vorangetriebenen Metrologie-Markt zu verstehen.
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